Skerbersdorf im "Heimatbuch des Kreises Rothenburg"
Im "Heimatbuch des Kreises Rothenburg" [Pohl 1924] finden wir Folgendes zu Skerbersdorf:
Das wendische Dorf liegt ziemlich zerstreut in der Heide auf der Hochfläche südlich des Neißetals,
ungefähr in der Mitte zwischen Muskau und Priebus. Die Anhöhe mit dem Hauptteil des Dorfes
heißt "Butsches Berg", ihre Fortsetzung nach Pechern hin "Peterberg".
Im Neißetal liegt die Oberförsterei, ein ehemaliges Gutshaus.
Die Schule wurde 1770 für Skerbersdorf und Sagar gegründet. Der erste Lehrer, Samuel Reichenbach,
unterrichtete 25 Kinder aus Skerbersdorf und 26 aus Sagar; letzteres wurde 1876 ausgeschult.
Das neue Schulhaus im Hauptteil des Dorfes steht seit 1885.
Die letzten Ausbauten erstrecken sich nach Südosten bis an die Waldbahn,
die von Muskau nach Pechern im Kreise Sagan führt;
hier liegen die Försterei und ein Gasthaus mitten in der Heide,
nicht weit davon das Forstrittergut Neudorf im Kreise Sagan, das nur aus zwei Häusern besteht
und seit 1602 zur Herrschaft Muskau gehört.
Die Waldbahn dient dem Betriebe der Holzstofffabrik an der Neiße in Pechern;
dort befindet sich auch eine Braunkohlengrube mit ausgedehnten Anlagen für Familienwohnungen.
Die Förderung der Kohle geschieht durch Gefrierschächte, da das Grubenwasser
dem Abbau große Schwierigkeiten bereitet.
Die Einwohner von Skerbersdorf beschäftigen sich mit Landwirtschaft, Waldarbeit,
Bienenzucht und Torfgräberei.
Der wendische Name Skarbišecy bedeutet Dorf des Skarbis vom altsl.
skarbu = Schatz. Die erste Erwähnung geschieht ums Jahr 1366. Nach einer
Urkunde im Ratsarchiv zu Görlitz im Jahre 1463 waren Bewohner von "Sgerbißdorff"
daran beteiligt, die Heide von Viereichen unberechtigterweise abzuholzen. Im
Muskauer Kaufvertrage von 1597 wird als zur Standesherrschaft [gehörend] das "Dorf
Skarbersdorff mit dem Forwerch und Schäfferey" genannt.
"Alte Mühle" bei Skerbersdorf war früher ein selbständiger Ort und wird noch 1753 erwähnt, fehlt aber schon auf der Karte von 1759.
Von den wendischen Flurnamen sind zu nennen:
Zagony=Gewende
Kut=Winkel
Luzki=die Pfützen
Hele=die Hallen
Weršency
von werch=das Oberste, also die obersten Stücke,
oder auch vielleicht von wjera=Fischreuse; also Fischreusenplatz,
Leknicy=Stücke am Wiesenbach.
Im gleichen Buche (S. 348) finden wir auch ein Zitat aus einem Buch von Gottfried Leske
[Leske 1785],
welches die Lebensumstände unserer Vorfahren beschreibt:
Ganz besonders drückend war die Lage der wendischen Leibeigenen im nördlichen Teile
unseres Kreises. In der Standesherrschaft Muskau war der Dienstzwang durch die
Bestimmungen des Urbariums vom Jahre 1590 und durch das revidierte Urbarium von 1764
bis ins kleinste genau festgelegt. Von der äußerst strengen Durchführung dieser
Bestimmungen hat uns Gottfried Leske in seiner "Reise durch Sachsen" 1785 folgende
genaue Darstellung hinterlassen.
"Die Einwohner sind Leibeigene, oder wie man sie hier (Muskau) in gemildertem Tone
genannt wissen will, Erbuntertanen, und leben insgesamt in größter Armut. Und da sie aus
ihrem Grundstück kaum des Lebens Unterhalt nehmen können, so müssen sie gar oft ihre
Zuflucht zu der Milde des Standesherrn nehmen. ... Bei der jetzigen Einrichtung gibt der
Standesherr der Herrschaft Muskau den Bauern das Inventarium. Dieses besteht bei den
Bauern in zwei Pferden, vier Ochsen, zwei Kühen, Wagen, Pflug und Egge, ferner acht bis
zehn Scheffel Winterkorn, ein Scheffel Gerste, vier Scheffel Heidekorn. Die hierzu gehörigen
Grundstücke betragen in allen achtzehn Scheffel jährliche Kornaussaat. Ein solches
Grundstück wird hier für gut angesehen, wenn es nur noch soviel Wiesenland dabei hat,
daß man davon jährlich 6 Zentner Heu und 3 Zentner Grumt machen kann. Die Herrschaft
erhält von ihm wöchentlich 6 Handtage oder 3 Zugtage mit 2 Pferden oder 4 Ochsen.
Außerdem liegen auf einem solchen Gute noch mancherlei Nebendienste als Landdienste
(Wegebessern), Branddienste (Holz anfahren, bearbeiten und aufbauen helfen),
Mühlendienste (Wehre bauen), und Jagddienste.
Ein Gärtner bekommt ungefähr die Hälfte oder den dritten Teil der Grundstücke und des
Inventars, welches der Bauer erhält. Ihre Dienste sind durch 3/4 Jahre wöchentlich
3 Handtage, das letzte Vierteljahr 2 Handtage.
Noch sind die Büdner oder Häusler, welche außer ihrer Wohnstätte kaum ein kleines
Stückchen Land neben ihrem Häuschen zu benutzen haben. Diese leisten der Herrschaft
einen Landtag, dann 12 Landtage als Monatsdienste und im Sommer jede Woche 4 Erntetage.
Auch müssen sie in der herrschaftlichen Scheune um den sechzehnten Scheffel dreschen
oder dafür jährlich einen Taler Dreschzins zahlen.
Fast in jedem Dorfe ist ein Richter, welcher ein Bauerngut inne hat und von den
gewöhnlichen Hofediensten befreit ist. Dafür gibt er der Herrschaft ein gewisses Dienstgeld,
und die Richter in der ganzen Herrschaft müssen Fischfuhren und noch einige andere
unentgeltlich verrichten. ..."
... Im Jahre 1817 wurde die Generalkommission zur Regulierung der gutsherrlichen und
bäuerlichen Verhältnisse eingesetzt, und 1820 erfolgte die Aufhebung der Erbuntertänigkeit.
Die Verhandlungen über die Separation der Äcker, Wiesen und Hutungen zogen sich
mehrere Jahrzehnte hin, in denen die Bauern weiter Hilfsdienste leisten mußten, aber
persönlich frei waren. Bei der Separation im Jahre 1832 mußten die bäuerlichen Besitzer in
der Regel die Hälfte ihrer Grundstücke an den Grundherrn abtreten, während die andere
Hälfte ihr freies Eigentum wurde. Die endgültige Ablösung der Dienste erfolgte erst mehrere
Jahre später, so ... 1844 in der Standesherrschaft Muskau, 1849 mußte sie überall beendet
werden.
Die nachfolgende "Heimatkarte des Kreises Rothenburg" stammt wahrscheinlich
ebenso wie das "Heimatbuch des Kreises Rothenburg"
aus dem Jahre 1924. Klicken Sie das linke oder rechte Bild an,
je nachdem, ob Sie die Karte mit einer schlechteren oder einer besseren Auflösung
sehen wollen.
Auf dieser Karte kann man sehr schön sehen, daß die Grenze zwischen den Kreisen Sagan
und Rothenburg sich bei Pechern von der Neiße weg begibt und einen bis nach Brand reichenden
Landstreifen aus dem Kreise Rothenburg dem Kreise Sagan zuordnet.
So kommt es, daß direkt südlich hinter dem Forsthause Neudorf der Kreis Sagan begann,
zu dem außer Pechern auch das "alte Neudorf" gehörte. Die Kinder aus dem alten Neudorf
gingen jedoch wie Heinz Robel und Lotte Lehmann um 1927 herum in die Schule von Skerbersdorf.
Einkaufen ging man jedoch an der Kleinbahn entlang bis nach Pechern, wo am anderen Neiße-Ufer
ein kleiner Laden stand.
Mit der Gebietsreform vom 30. September 1929 trat der Gutsbezirk Neudorf b. Pechern, Forst vom Kreis Sagan
zum Kreis Rothenburg i. Ob. Laus. über [wikipediaSprottau 2009].
Damit kamen auch Pechern und Neudorf zum Kreise Rothenburg.
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